Automation in der additiven Metallfertigung - Auf der Suche nach mehr Produktivität

Wir haben es schon oft gehört: In der Automatisierung liegt ein Teil der Zukunft der Additiven Fertigung. Auch im Metallbereich bieten Hersteller von AM-Hardware Anlagen und Systeme an, die für die automatisierte Fertigung konzipiert sind – teilweise gibt es sogar Konzepte für ganze Fabrikhallen. Aus Marketingsicht ist also vieles möglich – doch wie sieht die Realität in den Produktionshallen aus? Wir sind dieser Frage nachgegangen und haben dazu bei führenden Herstellern und Dienstleistern nachgefragt.

Ob sich der Einstieg in die Automatisierung lohnt, hängt ganz grundsätzlich davon ab, was man überhaupt unter Automatisierung versteht (siehe Artikel unten), sowie von zahlreichen Faktoren wie den Kapazitäten des Unternehmens, benötigten Standards sowie Komplexität, Größe und Anzahl der Komponenten. Ein weiterer entscheidender Punkt ist das Geschäftskonzept des Unternehmens. „Unsere Spezialität ist die Qualifizierung neuer industrieller Anwendungen aus speziellen und neuen Materialien. Und wir haben bereits mehr als 40 Werkstoffe selbst qualifiziert“, sagt Philipp Schwarz, Business Development Manager bei Rosswag. „Wir haben keine automatischen Entpulverungsanlagen, aber wir versuchen, die kleinen, zeitaufwendigen Schritte zu automatisieren, weil wir das Material sehr oft wechseln."

Die AM-Abteilung von Rosswag, Rosswag Engineering, wurde 2014 als Teil eines traditionellen Schmiedeunternehmens (gegründet 1911) ins Leben gerufen. Der AM-Maschinenpark umfasst derzeit drei SLM 280 von SLM Solutions, eine AL3D von Alpha Laser und einen Kleinserien-Gaszerstäuber von BluePower, dazu mehrere CNC-Maschinen sowie ein voll ausgestattetes Materiallabor. Auf die Frage, was genau die „kleinen, zeitaufwendigen Schritte“ sind, antwortet Schwarz, dass dazu der Pulvertransport, die Qualitätssicherung in der Serienproduktion und die Datenaufbereitung gehören.

Formel 1 und andere Branchen

Deutlich höher ist der Automatisierungsgrad der Additiven Fertigung bei Sauber Technologies (Hinwil, Schweiz), einem mittelständischen Dienstleister, der Bauteile für das Alfa Romeo F1 Team Orlen sowie für andere Kunden aus unterschiedlichen Branchen produziert. Im Zuge der Partnerschaft mit Additive Industries, einem Maschinenhersteller, der sich in den letzten Jahren auf automatisierte Systeme wie das neueste MetalFABG2 konzentriert hat, ging Sauber Technologies beim Thema Automatisierung „all in“.

Der Auslöser für diese Entwicklung war allerdings eher pragmatisch. „Produktivität und Effizienz sind ein Muss, um die Kosten pro Teil zu senken und eine wiederholbare Qualität auf absolutem Spitzenniveau zu gewährleisten", erklärt Christoph Hansen, COO. „Wir waren also immer auf der Suche nach dem höchsten Automatisierungsgrad, der auf dem Markt verfügbar ist.“

Sauber Technologies betreibt mehr als 20 Maschinen und bietet eine Vielzahl von Dienstleistungen rund um die Additive Fertigung an. Prozesse und sogar die Laserparameter werden auf die höchsten Anforderungen zugeschnitten. Die Kombination aus diesem Ansatz und der Infrastruktur mit heißisostatischem Pressen (HIP), einem Team von AM-Design-Experten und der neuesten Infrastruktur für die Nachbearbeitung machen Sauber nach eigenen Angaben zu einem „Power-User der Additiven Fertigung“. Die Produktionsmaschinen laufen autonom mit automatischer Auftragsabwicklung: Die Bauplatten werden von einem Roboter platziert und entnommen und der nächste Auftrag startet automatisch. Die Maschinen selbst entfernen das Pulver und recyceln es unter Inertgas und ohne manuelle Arbeit. Sogar Wärmebehandlungen werden in der Anlage vollautomatisch durchgeführt. Mehrere unabhängige Baukammern und eine bewegliche optische Einheit, die mit vier Lasern ausgestattet ist, ermöglichen einen 24/7-Betrieb. Damit kann Sauber Serienteile mit jährlichen Stückzahlen von 10.000 und mehr herstellen.

Wie denn die industrielle Nachfrage nach additiver Serienfertigung sei, beantwortet Hansen damit, dass sich Sauber Technologies strategisch auf klassische Branchen konzentriert, z. B. auf die Verpackungsindustrie und andere Maschinenbauunternehmen. Dies sei vor allem dann sinnvoll, wenn es um kleinere, weniger komplexe Bauteile geht. „Anders sieht es jedoch aus, wenn es sich um größere Bauteile aus anspruchsvolleren Branchen handelt.“

Produktionsunternehmen mit einem großen und vielfältigen Maschinenpark wie Beamit, das mit etwa 60 Maschinen in sieben Werken in Italien und Großbritannien produziert, können unterschiedliche Bedürfnisse abdecken. Die wirkliche Herausforderung bei der Automatisierung sind „große, komplexe Teile“, sagt Andrea Scanavini, General Manager bei Beamit. „Wenn es um extrem anspruchsvolle Anwendungen geht, die manchmal sehr groß sind und bei denen die Druckphase nur einen kleinen Teil des gesamten Prozesses ausmacht, ist die Automatisierung in ihrem derzeitigen Entwicklungsstadium einfach noch nicht so weit.“

Besonders knifflig ist die Situation in der Luft- und Raumfahrt – dem Markt, der als einer der ersten den Metall-3D-Druck für sich entdeckt hat und zu den wichtigsten für einen großen AM-Dienstleister wie Beamit gehört: Hier kommen die wirklich komplexen Projekte ins Spiel, mit großen Teilen, deren Druck lange dauern kann und die vor allem unglaublich strenge Qualitätsstandards haben. Die Standards sind in der Tat eine große Hürde: Nur wenige große Dienstleister verfügen heute über die Nadcap-Zertifizierung, die für die Herstellung von Teilen für die Luft- und Raumfahrt erforderlich ist.
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