Wasserstoff und Brennstoffzellen auf dem Vormarsch

Die Automobilhersteller diskutieren intensiv, woher die Elektrofahrzeuge ihren Strom beziehen. Wasserstoff-Brennstoffzellen rücken dabei immer stärker in den Fokus, und auch die Politik legt Programme auf – die Bundesländer Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Niedersachsen haben die "Norddeutsche Wasserstoffstrategie" verabschiedet. Auf der HANNOVER MESSE hat das Thema bereits seit vielen Jahren mit "Hydrogen + Fuel Cells" – Europas größter Veranstaltung für Wasserstoff und Brennstoffzellen – eine Heimat.

Die "Norddeutsche Wasserstoffstrategie" hat ambitionierte Ziele. Sie sieht vor, bis 2025 mindestens 500 Megawatt und bis 2030 mindestens bis fünf Gigawatt Elektrolyse-Leistung im windreichen Norddeutschland zu realisieren. Mit 500 Megawatt könnten in gut fünf Jahren theoretisch rund 150 000 Autos mit grünem Wasserstoff versorgt werden, mit fünf Gigawatt entsprechend zehnmal so viele. Allerdings schätzen Experten, dass eine flächendeckende Versorgung erst mit circa 250 Wasserstofftankstellen erreicht wäre.

Obwohl aktuell vieles in Bewegung ist – vor dem großen Durchbruch der Technologie sind noch weitere Anstrengungen nötig. Die Veranstaltung "Hydrogen + Fuel Cells" auf der HANNOVER MESSE sorgt für technologische Impulse für den weiteren Ausbau einer Wasserstoffwirtschaft in Deutschland, in ganz Europa und letztlich auf allen Kontinenten.

Die hohe Nachfrage seitens der Aussteller bestätigt diesen Anspruch. "Seit ihrer Gründung vor mehr als zehn Jahren hat sich die Hydrogen + Fuel Cells zum wichtigsten Schauplatz für dieses Thema in Europa entwickelt", sagt Basilios Triantafillos, Global Director Energy Solutions bei der HANNOVER MESSE. "Für 2020 rechnen wir mit mehr als 200 Ausstellern aus aller Welt. Dies ist eine Rekordbeteiligung für die Hydrogen + Fuel Cells ."

Unter den Ausstellern steht beispielsweise die H2 Mobility Deutschland, die von ihren Muttergesellschaften Air Liquide, Daimler, Linde, OMV, Shell und TOTAL mit dem Rollout der Wasserstoff-Tankstellen beauftragt ist. Zusätzlich zu ihrer Präsenz auf der HANNOVER MESSE 2020 befasst sich Linde mit weiteren Aktivitäten zum Thema Tankinfrastruktur. Zum Beispiel engagiert sich der global agierende Industriegase-Hersteller seit Kurzem vermehrt auch in der Produktion von Wasserstoff mit Elektrolyseuren. Dafür hat Linde sich an der britischen ITM Power beteiligt, um mit dem Brennstoffzellen-Spezialisten zusammen in Sheffield im Vereinigten Königreich das weltweit größte Werk für Elektrolyseure zu bauen. Das Duo plant, Elektrolyseure mit einer Leistung von 10 Megawatt und mehr herzustellen; ebenso peilt es eine kostengünstige Serienproduktion eines 5-Megawatt-Elektrolyseurs an.

Bosch und die schwedische Firma Powercell sind ebenfalls Kooperationspartner und verbreiten in Halle 27 auf der HANNOVER MESSE 2020 neuen Optimismus in Sachen Brennstoffzelle. "Für leichte Nutzfahrzeuge oder Pkw mit einer täglichen Reichweite von 100 bis 200 Kilometern ist der batterieelektrische Antrieb eine gute Lösung. Viele Menschen und vor allem der Schwerlastverkehr legen jedoch längere Strecken zurück. Hier sehen wir deutliche Vorteile für die Brennstoffzelle", erklärt Jürgen Gerhardt, Leiter des Produktbereichs für mobile Brennstoffzellen bei der Robert Bosch GmbH. Powercells technischer Ansatz wurde explizit auf automobile Anwendungen entwickelt und lässt sich auf Nutzfahrzeug-Anwendungen übertragen. Gerhardt: "Der S3 Stack, auf den sich die Kooperation von Bosch und Powercell bezieht, ist äußerst kompakt und leicht. Damit kann man ihn einfacher in Fahrzeuge integrieren."

Kurzum: In den Unternehmen ist eine Aufbruchsstimmung in Sachen Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie spürbar – ob in der Zulieferung, in der Herstellung oder auch in der Forschung. Zudem ist inzwischen klar, dass der verstärkte Einsatz von Elektromobilität und auch von Wasserstoff erst auf Basis erneuerbarer Energien sinnvoll ist.

Allerdings sind Zahlen vom Bundesamt für Kraftfahrzeuge nach wie vor ernüchternd. Denn die jüngste Statistik zeigt, dass von den rund 47 Millionen Pkw in Deutschland zum Anfang des Jahres gerade mal 83 175 elektrisch (inklusive Brennstoffzellen, Plug-in-Hybriden oder verwandter Technik) betrieben wurden. Aber um die CO2-Ziele der Europäischen Union bis 2030 tatsächlich erreichen zu können, müssten bis dahin auf deutschen Straßen sieben bis 10,5 Millionen E-Autos unterwegs sein.
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