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Terroir Wein: Die Macht des Windes

Von Stuart Pigott & Paula Redes Sidore

In der Vorstellung vieler Konsumenten auf Planet Wein haben Weinreben immer sattgrüne Blätter und ihre Trauben reifen problemlos unter strahlend blauem Himmel. Den meisten Weinkennern ist selbstverständlich bewusst, dass Weinberge keine Gärten Eden sind und sie durchaus von der Gnade des Wetters abhängen.

Eine der bedeutendsten Veränderungen, die der große Wein-Boom des späten 20. und frühen 21. Jahrhunderts mit sich brachte, war die Globalisierung des Terroirs, dem französischen Konzept, dass der Ort sich im Geschmack widerspiegelt. Regionaler und weinbergspezifischer Charakter wurden überall zu bedeutenden Elementen bei der Produktion und Vermarktung von Wein. Die wichtigsten Faktoren, die Terroir ausmachen – Temperatur, Regenmenge, Bodentyp und Topographie (Beschaffenheit des Geländes) – sind gut bekannt. Weniger bekannt und untersucht ist, dass auch Wind zu diesen Faktoren gehört, obwohl er aufgrund der Erderwärmung inzwischen einen bedeutenden Einfluss hat.

Die jährlich in Düsseldorf stattfindende Fachmesse ProWein ist einer der wichtigsten Treffpunkte der Weinbranche weltweit. Vom 16.–18. März 2025 werden rund 5.400 Aussteller aus der ganzen Welt und deutlich mehr internationale Fachbesucher sie wieder zur temporären Hauptstadt von Planet Wein machen. Dabei wird es viel zu diskutieren geben, etwa neue Perspektiven zu uralten Themen wie diesem.

Die Kraft des Windes

Für die Weinbranche ist Wind ein zweischneidiges Schwert. Einerseits ist er in den unterschiedlichsten Weinregionen die „Klimaanlage der Natur“, wie etwa dem Russian River Valley in Kalifornien, dem südafrikanischen Westkap und der Great Southern in Westaustralien. In allen diesen Fällen handelt es sich um Westwind, der vom Meer kommt, in Kalifornien also vom Pazifik, in Südafrika vom Atlantischen und in Australien vom Indischen Ozean. Die genannten Regionen können vor allem dank des kühlenden Effektes des Windes ein kühles Klima für sich beanspruchen und mehr oder weniger berechtigt behaupten, dass ihre Weinberge vom Wind gestreichelt werden.

Andererseits hat Wind aber auch zerstörerische Kräfte. So wird in den oben genannten Regionen auch Syrah/Shiraz angebaut, doch die neuen Ruten (Austriebe) dieser Rebsorte brechen bei starkem Wind besonders leicht. Wenn ein Sturm über den Weinberg hinwegfegt (wie der Sturm Boris im September 2024 in Österreich und Norditalien), wird intensiver Wind häufig von Starkregen begleitet und führt so zu verheerenden Schäden. In verschiedenen Worst-Case-Szenarien wird der Wein dann buchstäblich vom Winde verweht.
Der Mann, der den Wind nutzt

In Chile ist es mittlerweile moderne Tradition, zur Schaffung neuer Terroirs den Wind aktiv zu nutzen. Der Sena Weinberg im Aconcagua Valley, zum Beispiel, wurde im Jahr 1998 von Eduardo Chadwick mit Cabernet Sauvignon und weiteren roten Bordeaux-Rebsorten bepflanzt. Nur 39 km vom Pazifik entfernt gelegen, sind die Winde dort deutlich stärker als in den 60–70 km vom Meer entfernten historischen Vina Errazuriz Weinbergen. „Sena“, so Chadwick, „wurde am kühlsten Ort angelegt, an dem Cabernet Sauvignon verlässlich reifen kann.“

Einige der Las Pizarras Weinberge von Errazuriz, bepflanzt mit Chardonnay, Pinot Noir und Syrah, befinden sich hingegen nur 11 km von der Küste des Pazifiks entfernt, in Lagen, die lange als zu windig für den Weinbau galten. Die ersten Weine dieser Reihe kamen mit dem 2012er Jahrgang auf den Markt. Der Wind ist in diesen bahnbrechenden Weinen buchstäblich zu schmecken; sie zeichnen sich durch einen natürlich hohen Säuregehalt (und niedrigen PH-Wert) aus, was in Chile zuvor als unmöglich galt.
Sich den Wind nicht aus den Segeln nehmen lassen

Wie viel Wind kann Wein verkraften? Während Wein auf der nördlichen Erdhalbkugel immer weiter im Norden angebaut wird, um die Auswirkungen der Erderwärmung zu nutzen, werden neue Lagen in der Nähe von Nord- und Ostsee etabliert.

Balthasar Ress aus der deutschen Region Rheingau hat zum Beispiel einen Weinberg auf der Insel Sylt nahe der Grenze zu Dänemark angelegt. Da es sich hierbei nicht nur um die sonnigste Region Deutschlands handelt, sondern auch die windigste, ist diese Strategie hochriskant. Eine Lösung bot hier die früh reifende PiWi-Rebsorte Solaris. Seit dem Jahr 2019 wird der Söl‘ring Sekt aus den sylter Trauben gekeltert. Willkommen in der Extreme!

Verkosten Sie auf der ProWein 2025, der weltweit größten und bedeutendsten Fachmesse für Wein und Spirituosen, wie sich der Charakter der Weine aus Chile (Halle 12), Kalifornien (Halle 12) und vielen anderen Regionen weltweit verändert.

Weitere auf der ProWein 2025 behandelte Wein-Trends werden unter anderem sein:

Die Reben des (Klima-) Wandels
Berühmte Winde und die Weine, die in ihnen gedeihen
Der neue Osten: Europa und der Kaukasus

www.prowein.de

 

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