Unternehmensleitlinien – trübes Dasein in der Schublade?

Unternehmen haben oft eine starke Außenwirkung. Dass eine gute Wirkung nach innen für ihr Überleben und ihre Wettbewerbsfähigkeit ebenso von entscheidender Bedeutung ist, haben mittlerweile viele erkannt. Allerdings tun sich Organisationen mit der Vermittlung ihrer Leitlinien und Werte immer wieder schwer. Zu diesem Ergebnis kommt die Tübinger Unternehmensberatung Ceveyconsulting, die bei 50 Kundenprojekten keine messbare Wirkung oder Verinnerlichung von neu definierten Werten feststellen konnte.

Damit es zu einer zielführenden Kooperation aller Beteiligten kommt, versuchen Unternehmen meist vermeintlich neue Werte zu etablieren, die die Leitlinien einer Zusammenarbeit eher pseudo-magisch beschwören als aktivieren. Diese werden dann über sehr aufwändige Kulturentwicklungsprogramme eingeübt und sollen in die tägliche Praxis überführt werden. Solche Versuche sind von Beginn an nicht nur zum Scheitern verurteilt sondern sogar kontraproduktiv.
„Kooperation und Zusammenarbeit sind nicht allein von Werten abhängig. Die Beteiligten haben vielmehr eine starke Bindung an spezifische und gemeinsame situative Abläufe“, erläutert Tobias Heisig, Geschäftsführer Ceveyconsulting. „Werte oder Normen bilden lediglich die Oberflächenregeln, die nicht identisch sein müssen mit den Basisregeln, die die tatsächliche Zusammenarbeit gestalten.“ Entscheidend sind hier eher kleine Gesten, Hilfeleistungen und Signale, die geeignet sind, Bindung und Vertrauen in den Abteilungen oder Teams zu etablieren und zu stabilisieren.
Neue Rahmenbedingungen und Leitlinien für ein Unternehmen funktionieren im Kern zunächst zweckfrei, erst wenn diese in Abläufen Berücksichtigung finden, erfüllen sie ihren Sinn. Alexander Wittwer, Geschäftsführer von Ceveyconsulting, rät: „Neue Werte ‚von oben’ in ein Unternehmen zu implizieren, wird nicht funktionieren. Werte sind zu abstrakt, sie bilden den Rahmen, um dann in Prozessen gelebt zu werden. Damit der Guide der Leitlinien nicht in den Schubladen der Mitarbeiter landet, ist es eine zentrale Aufgabe von Führungskräften, die Werte in die Arbeitsabläufe Schritt für Schritt zu integrieren.“ Dies wiederum bedeutet, dass dieser Prozess nicht wirklich steuerbar oder kontrollierbar ist. Wenn Unternehmen neue Rahmenbedingungen schaffen, dann müssen sie diesen vordergründigen Kontrollverlust explizit in Kauf nehmen und aktiv bejahen.
Kooperation funktioniert dann, wenn Ziele „auf Sichtweite“ liegen, so dass veränderte Bedingungen im Handeln erkannt und Anpassungen vorgenommen werden können. Die Zusammenarbeit muss erfahrungsoffen bleiben. Handlungszwecke stehen nicht schon im vornherein fest, sondern entwickeln sich während der Prozesse und in der Auseinandersetzung mit den Handlungsfolgen. In der Praxis bedeutet dies, Rahmenbedingungen zu definieren, die abteilungsübergreifend in die Kommunikation wirken. Beispielsweise agiert das Dreieck Vertrieb-Marketing-Kunde dann innerhalb neuer Rahmenbedingungen. Das bedeutet: Kooperation lässt sich nicht für etwas instrumentalisieren, das außerhalb von ihr liegt. Sie stärkt sich nur durch sich selbst und das eigene Handeln. Findet sie statt, dann findet sie auch adäquate und stimmige Ziele, auf die sie sich zu richten vermag.
Auch wenn der Gedanke im ersten Moment verstörend ist und quer zu den gängigen Annahmen liegt: Am Anfang steht Kooperation als eine etablierte Praxis – Ziele kommen erst später und maximal „auf Sichtweite“. Schrittweises Vorgehen ist angeraten.

www.ceveygroup.com