Der Buchfluss - Ein Strom aus Daten und Papier ist Basis für die moderne Buchproduktion

Die Herstellung von Büchern mit Umfängen über 1 000 Seiten – insbesondere für Verlage aus den Bereichen Recht, Wirtschaft, Steuern ( RWS ) – stellt hohe Anforderungen. Zugleich wächst der Bedarf nach kurzfristig lieferbaren aber immer kleiner werdenden Auflagen.

Die Reportage zeigt, wie Eberl & Kœsel mit neuer Hard- und Software, einer e zienten Prozesskette und jeder Menge Erfahrung diese Kundenwünsche erfüllt.
Bis aus unbedrucktem Papier ein fertiges Buch entsteht, braucht es klassischerweise viele ein­ zelne Arbeitsschritte : Die Druckplatten werden erstellt, die Bogen gedruckt, gefalzt und zusam­ mengetragen, dann geklebt oder geheftet und der Buchblock schließlich dreiseitig beschnitten, be­ vor er in die Buchdecke eingehängt wird. Vergan­ genheit. Zumindest für die Bücher, die – häufig auf dünnem Papier – im digitalen Rollendrucksys­ tem bei Eberl & Kœsel produziert werden. Denn die Produktionslinie bedruckt das Papier, falzt, presst, klebt und schneidet in einem Zug, sodass am Ende fertige Buchblöcke das Aggregat ver­ lassen. Dieser durchgängige Prozess – von der Papierrolle zum fertigen Block – ist der wichtigste Faktor, um umfangreiche Bücher in niedriger Auf­ lage kurzfristig und wirtschaftlich zu produzieren.
Der Bedarf von Anwälten, Richtern, Notaren, Wirt­ schaftsprüfern und Steuerberatern an gedruck­ ten Gesetzestexten ist immer noch da, wenn auch nicht mehr ganz so groß wie in der Vergangen­ heit. Für die etwa 30 namhaften deutschsprachi­ gen Verlage und Verlagsgruppen im Recht­Wirt­ schaft­Steuern­Segment bedeutet dies, dass sie ihre umfangreichen, oft zwei­ oder dreitausend Seiten starken Nachschlagewerke bei sinkenden Auflagenzahlen möglichst wirtschaftlich produzie­ ren müssen. Und weil sich Gesetze immer wieder ändern, sind regelmäßig Aktualisierungen nötig oder – wenn die Bücher ausverkauft sind – Nach­ drucke in kleiner Auflage.
Die hohen Umfänge der Werke bleiben, aber die Auflagen sinken
» Auflagen von 200, 500 oder 1 000 Exemplaren mit mehreren tausend Seiten, wie sie die Verlage heute mehrfach im Jahr benötigen, sind mit den klassischen Produktionsprozessen wirtschaftlich nicht rentabel «, erklärt Hans­Georg Trentz, Kun­ denberatung Außendienst von Eberl & Kœsel. » Im Digitaldruck hingegen fallen die Fixkosten aus dem Offsetdruck weg, kleine Auflagen ab 200 Exemplaren sind daher wirtschaftlich interessan­ ter. Die Verlage können sie in kürzeren Abständen nachproduzieren und bleiben lieferfähig, müssen aber nicht so stark wie früher in Vorleistung gehen und sparen zusätzlich Lagerkosten. « Die langjäh­ rige Erfahrung im Unternehmen sowie die opti­ mierten Produktionsabläufe der neuen Hard­ und Software ›Eberl & Kœsel BookFlow‹ ermöglichen den Kunden die höchste Prozesssicherheit sowie Schnelligkeit und Qualität in der Produktion. Neben den RWS­Verlagen mit ihren Gesetzestexten ist das auch ein interessantes Angebot für Religions­, Fach­ und Publikumsverlage sowie Werbetrei­ bende aus der Industrie.
Nur von Druck oder Druckmaschine zu sprechen, wird den Arbeitsabläufen im Eberl & Kœsel Book­ Flow deshalb nicht gerecht : » Wir reden hier defi­ nitiv von der ›next generation‹ der Buchherstel­ lung «, sagt Geschäftsführer Joachim Kühn. » Wir produzieren inzwischen in einer integrierten Pro­ zesskette, die die Herstellung vom Auftrag bis zur Versandrampe durchorganisiert und die Produkte in einem effizienten Fluss durch das Unternehmen leitet. « Mit einem konventionellen Druckauftrag, wie er früher üblich war, hat das nur noch wenig zu tun. Statt vieler einzelner Arbeitsschritte wie Papierbestellung, Druckplattenherstellung und an­ schließend Drucken, Falzen, Zusammentragen und Ableimen beginnen digitale Druckaufträge heute im Internet. » Unsere Kunden laden die Druck­ daten in einem Portal selbst hoch, anschließend fließen sie automatisch an die Maschine, die da­ raus in einem Zug den fertigen Buchblock produ­ ziert «, erläutert Kühn. » Statt all der früher üblichen Einzelschritte haben wir diese äußerst effiziente, durchgängige und wirtschaftliche Prozesskette entwickelt. «
Kernelemente dieser Kette sind die zwei hochmo­ dernen Aggregate, die Eberl & Kœsel im Frühjahr 2021 neu gekauft hat : Die digitale Rollendruck­ maschine Canon ProStream 1800 und eine Wei­ terverarbeitungslinie des Schweizer Herstellers Hunkeler. Diese kann die eben bedruckte Papier­ bahn direkt von der Druckmaschine übernehmen und falzt, schneidet und klebt sie sofort zu fertigen Buchblöcken zusammen, die anschließend inline gepresst werden. Bereichsleiter Birsan Gül­ mez war an der Investitionsentscheidung, die im vergangenen Jahr getroffen wurde, maßgeblich beteiligt : » Wir haben mehrere Druck­ und Wei­ terverarbeitungsmaschinen von unterschiedlichen Anbietern geprüft und ausführlich getestet «, be­ richtet er, » diese beiden haben uns am meisten überzeugt. Die Anlage, kombiniert mit unserer fünfjährigen Erfahrung und unserem Know­how im digitalen Rollendruck, ermöglicht es uns, den Verlagen auch und insbesondere im Bereich des Dünndrucks einen am Markt einzigartigen Service anbieten zu können. «
Vierfarbiger digitaler Rollendruck auf dünnem Papier ? Kein Problem
Drei Aspekte waren es, die wesentlich zur Ent­ scheidung für die Canon­Hunkeler­Lösung bei­ getragen haben, erzählt Gülmez. Die für die Be­ dürfnisse der Eberl & Kœsel­Kunden optimierte Breite, die andere Maschinen nicht bieten können, ist ein wichtiger Faktor, um Bücher wirtschaftlich zu produzieren. Die Maschine bietet bei höheren Geschwindigkeiten eine bessere Auflösung und brillante Farben, ein Argument, das sowohl bei Wirtschaftlichkeit als auch bei Qualität sticht. Und schließlich war hier von Anfang an klar, dass die Verarbeitung von Dünndruckpapier möglich sein würde. » Andere Hersteller hätten sich mit ihren Maschinen an diese Anforderung erst heranar­ beiten müssen «, berichtet der Bereichsleiter, » aber wir wollten nicht experimentieren und womög­ lich wieder und wieder testen, sondern gleich sicher und mit hoher Qualität durchstarten. Damit war unsere Entscheidung schließlich klar. « Zumal die Maschine einen weiteren Vorteil bietet : Ein­ gebaute Hochgeschwindigkeitskameras scannen kontinuierlich die laufende Bahn und kontrollieren die Qualität. Die Kameras erkennen, wenn eine Druckdüse verstopft ist, und steuern automatisch dagegen. So lassen sich die im Digitaldruck be­ kannten ›Missing Lines‹ während der Produktion vermeiden.
Der Clou ist für Birsan Gülmez aber die Kombi­ nation von Druck und integrierter Weiterverarbeitung zum Buchblock. » Ich glaube, letztlich ist das, was bei der Anlage nach dem Druck pas­ siert, sogar die wichtigere Komponente «, sagt er, » denn die Verarbeitung von dünnem Papier zu kompletten Buchblocks ist relativ schwierig und es gibt nur wenige Anbieter auf dem Markt, deren Maschinen das wirklich gut können. Ich bin froh, dass wir künftig auch die Dünndruckpapiere für die RWS­Bände unproblematisch und in hoher Qualität verarbeiten können. « Geschäftsführer Joachim Kühn bestätigt diese Einschätzung : » Alle Papiere unter 40 Gramm gelten als Dünndruck­ papiere. Bedrucken konnten wir sie schon immer, und auch auf klassische Weise weiterverarbeiten. Unsere neue Linie bietet uns künftig aber einen in höchstem Maße optimierten Produktionsfluss. « Die Druck­ und die Weiterverarbeitungseinheiten wurden hierfür leicht an die Bedürfnisse von Eberl & Kœsel und seine Kunden angepasst. Wichtiger für die Zukunft ist aber, dass beide Maschinen update­fähig sind, in den kommenden Jahren mit der technischen Entwicklung Schritt halten wer­ den und der Eberl & Kœsel BookFlow so lang­ fristig State of the Art bleiben wird.
Tatsächlich endet die Produktionsstrecke aber noch nicht, wenn am Ende der Weiterverarbei­ tungslinie die geschnittenen und schon geklebten Buchblöcke aus der Maschine kommen. Auch die nächsten Arbeitsschritte wie die Anfertigung von wertigen Einbänden und das Einhängen der Buchblöcke in die Decke finden direkt im selben Gebäude statt. Diese kurzen Wege sparen Zeit und Transportkosten und ermöglichen den Verla­ gen so eine günstige und verlässliche Kalkulation sowie eine schnelle und sichere Verfügbarkeit der Produkte am Markt. » Ich habe erlebt, wie wenige Betriebe digitale Inline­Produktion beherrschen «, erzählt Joachim Kühn, » und noch weniger können das Ganze dann direkt zum Buchblock weiterver­ arbeiten. Uns kommt zugute, dass wir wirklich alle Kompetenz bei Eberl & Kœsel vereint, und hier schon mehrjährige Erfahrung mit dem Digi­ taldruck haben. Schließlich war Kösel eine der ersten Druckereien, die mit dem digitalen Druck von Büchern vor mehr als fünf Jahren erfolgreich durchgestartet ist. «
Nachhaltige Produktion und ein Sortiment von Dünndruckpapieren am Lager
Bei aller Effizienz : Bietet die neue Produktions­ linie aber auch mehr Nachhaltigkeit ? Ja, denn die beiden Maschinen von Canon und Hunkeler ver­ brauchen gerade einmal halb so viel Energie wie ihre Vorgänger. Hinzu kommen zwei Aspekte, die die Buchproduktion in dem neu entwickelten Sys­ tem wesentlich ressourcenschonender machen als früher : » Durch die niedrigeren Auflagen, die jetzt möglich sind, produzieren die Verlage nur den wirklich benötigten Bedarf und müssen weni­ ger Bücher vernichten, wenn schnell Aktualisie­ rungen nötig sind – das ist ja die Grundidee des On­demand­Druckens «, erläutert Joachim Kühn. » Und da Digitaldruckmaschinen stückgenau pro­ duzieren, haben wir spürbar weniger Abfall aus Zuschuss­ und Makulaturpapier. «
Ein Aspekt, der die Produktion von Kleinauflagen für die Verlage bisher zusätzlich erschwert hat, ist
der Papiereinkauf : » Dünndruckpapier kann man erst ab einer Menge von mehreren Tonnen kau­ fen, weniger ist schwierig «, erklärt Kundenberater Hans­Georg Trentz. » Früher haben die Drucke­ reien einfach 20 Tonnen ins Lager gelegt und im Laufe der Zeit verdruckt. Das gibt es heute nicht mehr, weil diese Lager zu viel Kapital binden. Deswegen haben wir ein standardisiertes Sys­ tem entwickelt, das es den Verlagen ermöglicht, Kleinauflagen zu drucken, ohne große Mengen an Papier zu bevorraten. « Dazu hat Eberl & Kœsel gängige Papiere in unterschiedlichen Gramma­ turen und Breiten immer am Lager und definiert Produktionswochen für die verschiedenen Sorten. Auf diese Weise lassen sich effiziente Produk­ tionsstränge für die Kleinauflagen organisieren und häufiges, zeitraubendes Umrüsten vermei­ den. » Mit unseren Kunden verabreden wir Ter­ minpläne für die Produktionen, die dann quasi auf Knopfdruck laufen und sicher zum fest vereinbar­ ten Zeitpunkt angeliefert werden können «, sagt Trentz. Und damit die Kunden nicht auf schrift­ liche Druckangebote warten müssen, stellt Eberl & Kœsel ihnen einen Online­Kalkulator zur Verfü­ gung, mit dem sie selbst ihre Kosten ermitteln können. Die Druckdaten übermitteln die Verlage dann über eine Schnittstelle an eine automatisierte Datenprüfung und die Produktionslinie.
Online-Kalkulator, Daten-Schnittstelle und automatische Datenprüfung gehören dazu
Durch diese transparente Kostenstruktur und die effiziente Kleinauflagenproduktion bietet der Vier­ farb­Digitaldruck von der Rolle auch Verlagen aus anderen Sparten als RWS und Religion die Mög­ lichkeit, mit kleinen Auflagen zunächst den Markt zu testen. » Das ist attraktiv für viele Verlage, weil sie so rasch auf sich verändernde Marktentwick­ lungen reagieren können «, weiß Trentz. Allerdings : » Mit Einzelaufträgen kommt man eher weniger in den Genuss von Eberl & Kœsel BookFlow. Schließ­ lich müssen Datenschnittstellen und kundenindi­ viduelle Kalkulationstools eingerichtet werden «, führt der Kundenberater aus. » Wir sprechen also über – mal größere, mal kleinere – Kooperationen und mittel­ bis langfristige Partnerschaften. «
Ein Verlag, der seit 2018 im Rahmen solch einer Verabredung bei Eberl & Kœsel druckt, ist Reclam. Markenzeichen des Verlags, der auch Weltlite­ ratur in hochwertiger Ausstattung herausgibt, ist seit vielen Jahrzehnten die Universal­Bibliothek : Mit Literatur von Goethe und Schiller bis zu Allende, Houellebecq und Morrison, die man klassensatzweise in jedem Deutschkurs in der Oberstufe findet. Aus der umfangreichen Backlist druckt Reclam monatlich bis zu 100 Titel nach. Dafür hat Eberl & Kœsel das Reclam Produktions­ System ( RPS ) aufgebaut : In einem automati­ sierten Workflow kündigt der Verlag Titel an und schickt per Knopfdruck über eine Schnittstelle Daten auf die Druckmaschine. Die Vereinbarung legt dabei fest, welche Papiersorten Eberl & Kœsel für Reclam immer auf Lager hat, und fixiert Daten­ anlieferung und Liefertermine.
» Solche Kooperationen sind sehr attraktiv, denn sie bedeuten Wirtschaftlichkeit und Sicherheit für beide Seiten «, sagt Hans­Georg Trentz. » Wir kön­ nen den Verlagen mit unserer großen Erfahrung und den optimierten Abläufen erstklassige Qualität garantieren. Die abgestimmten Terminpläne bieten ihnen stabile Lieferrhythmen und unser Papierlager eine niedrigere Kapitalbindung. « Der automatisierte, XML­basierte Workflow ermög­ licht außerdem hohe Flexibilität in Bezug auf kurz­ fristige Umfang­ oder Auflagenfestlegung. Das kommt den aktuellen Bedürfnissen der Verlage aus dem RWS­Segment, aber auch der Belletris­ tik und den Religionsverlagen sehr entgegen. In einem sich ständig verändernden Markt bietet ihnen das hochmoderne Produktionskonzept die genau richtige Kombination aus Freiheit, Stabili­ tät und Sicherheit.
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