Digitale Automation und Künstliche Intelligenz in der Produktion

Wie gelingt es uns, aktiver Gestalter zu sein, vor allem als mittelständisches Familienunternehmen?

Der immer schnellere technologische Wandel, sich eintrübende Aussichten in der Weltwirtschaft und politische Auseinandersetzungen über die Handelsbeziehungen oder der Brexit setzen die produzierende Industrie unter Druck. Und wie gelingt es, in dieser Gemengelage nicht Getriebener, sondern aktiver Gestalter zu sein, vor allem als mittelständisches Familienunternehmen?

Schauen wir genauer in einzelne Branchen und Märkte, stellen wir auch innerhalb dieser Ökosysteme eine zunehmende Volatilität fest. Beispielsweise im Bereich Automobil oder auch in der Elektronikindustrie. Die Industrie muss Lösungen finden, die flexibel mit solchen Schwankungen umgehen können. „Made in Germany“ und deutsche Ingenieurskunst genießen in der Welt immer noch einen hervorragenden Ruf. Unser Kapital ist tiefgreifendes Expertenwissen über den Bau von Maschinen und Anlagen sowie über Produktionsprozesse in der Industrie. Mit Industrie 4.0 setzte die Verschmelzung neuester Informationstechnologien mit dem Maschinen- und Anlagenbau ein. Wir befinden uns mitten in einer industriellen Transformation von der seriellen Herstellung großer Stückzahlen hin zu individualisierbaren Produkten bis Losgröße 1.

Mit den smarten digitalen Lösungen verschmilzt der Automatisierungsexperte Festo sein umfassendes Know-how aus industriellen Anwendungen mit aktuellen Entwicklungen der Informationstechnik, um Software-Anwendungen für die industrielle Praxis in der Automatisierung zu realisieren. In der digitalen Kommunikation begleitet Festo seine Kunden durch die Digital Customer Journey. Diese digitale Reise führt den Kunden sicher und allumfassend durch das Leistungsportfolio von Festo: von der Informationsbeschaffung und Konfiguration über die Bestellung und Lieferung bis hin zu Inbetriebnahme und Instandhaltung.

Nun kommen die Fähigkeiten und Methoden aus dem Werkzeugkasten der künstlichen Intelligenz (KI) hinzu. Sie versetzen uns erstmals in die Lage, über entsprechende Sensorik Daten direkt aus den Maschinen und Anlagen im Betrieb zu erhalten, in Echtzeit auszuwerten und so unser Wissen über Abhängigkeiten und Wechselwirkungen im Herstellprozess zu vervollständigen. Dank Digitalisierung und KI wird die Komplexität dieser Prozesse beherrsch- und steuerbar.

KI ist der Schlüssel zur Welt von morgen

Die Bundesrepublik Deutschland hat in ihrer KI-Strategie den Rahmen und die Ziele dafür definiert: Deutschland soll seine starke Position in der Industrie 4.0 ausbauen und führend bei KI-Anwendungen in diesem Bereich werden. Von diesen KI-Anwendungen soll vor allem der Mittelstand profitieren.

Wir fokussieren uns darauf, unsere Kernkompetenz der Fabrikautomation in die KI-gestützte, digitalisierte Produktion von Morgen zu überführen. Heute analysieren Algorithmen die Daten aus Maschinen und ermöglichen Vorhersagen über Ausfälle, oder verhindern diese. Morgen beobachten, steuern, navigieren, kontrollieren und regeln Algorithmen komplex vernetzte Wertströme. Sie werden Entscheidungen des Menschen zwar nicht ersetzen, aber ihn bei der Entscheidungsfindung unterstützen.

Die klassische Automatisierungspyramide mit linearer Verbindung zwischen Fertigungsebene und Unternehmensebene löst sich auf und verändert ihre Struktur in Richtung einer vernetzten, synchronisierten Produktion. Gleichzeitig entstehen durch die Digitalisierung virtuelle Abbilder von Maschinen, Anlagen und Wertströmen. Der große Vorteil: In der computergenerierten Simulation lassen sich Prozesse, Parametrierungen und Konfigurationen durchspielen, ohne in bestehende und laufende Produktionen eingreifen zu müssen. Rüst- und Stillstandszeiten verringern sich. Das spart Kosten und Zeit: Ein unverzichtbares Vorgehen für Länder mit hohem Lohnanteil in den Herstellkosten, um dem globalen Wettbewerb Stand zu halten.

„Die hohe Produktivität durch Vollautomatisierung erfordert zum Beispiel die Bevorratung vieler Ersatzteile und einen hohen Personalaufwand in der vorbeugenden Instandhaltung. KI, hier im Speziellen maschinelles Lernen mit Anomalie-Erkennung, wird dazu beitragen, diese Kosten in Zukunft zu senken“, so Dipl.-Ing. Dr. h.c. Oliver Jung, Vorstandsvorsitzender der Festo AG.

KI richtig einsetzen

Um mit den Methoden aus dem algorithmischen Werkzeugkasten einen Mehrwert zu erreichen und die Effizienz zu steigern, ist es unerlässlich, Use Cases genau zu bestimmen. Nur wenn die Daten zielgerichtet vorstrukturiert und in ausreichender Menge verfügbar sind, erhält man befriedigende Ergebnisse. „Wir haben in unseren eigenen Werken in einem Produktionsprozess die Qualitätssicherung mit KI unter die Lupe genommen und festgestellt: Der BigData-Ansatz aus dem Consumer-Markt führt in der Industrie nicht zum Erfolg. Erst als wir das Expertenwissen der Maschinenbediener mit den passenden statistischen Methoden einer KI zusammengebracht haben, ist es uns gelungen, die Effizienz signifikant zu steigern“, so Oliver Jung.

Momentan konzentriert sich Festo vor allem auf KI-Auswertungen on-edge, also direkt an der Komponente, oder on-premise innerhalb eines Produktionsnetzwerkes. Das spart Kosten, garantiert Echtzeitauswertungen und vermeidet Latenzen. Nur aufwändige Auswertungen über weltweit verteilte Werke hinweg brauchen die großen Rechenleistungen einer angebundenen Cloud-Infrastruktur.

Mit dem Festo IoT-Gateway können bestehende Produktionsanlagen ohne größere Eingriffe KI-fähig gemacht werden. Algorithmen und Modelle lassen sich direkt auf dem Gerät – ohne Änderung der SPS – aktualisieren, unabhängig von der Rechenleistung und den freien Ressourcen der SPS.

Von mechanischen zu smarten Produkten

Mit dem Festo Motion Terminal VTEM hat Festo beispielsweise den Weg in die digitalisierte Pneumatik bereits eröffnet: Die Funktionen der Ventilinsel sind per App steuerbar, so dass unterschiedliche Aufgaben mit ein und derselben Hardware ausgeführt werden können. In Branchen, die stark nach individuellem Kundenwunsch produzieren, wie zum Beispiel im Bau von Küchen, wächst dadurch der mögliche Automatisierungsgrad.

Was bedeutet das für die Menschen?

Als Innovationsführer in der Fabrik- und Prozessautomatisierung hat Festo neben der technischen Lösung immer auch den Menschen im Blick und sieht die Rolle der technischen Aus- und Weiterbildung als elementar für technologische Innovationen, aber auch für die Förderung des Arbeitsmarktes.

Bereits in den 1950er Jahren hat Festo erkannt, dass neue Technologien nur dann ihr Potenzial entfalten, wenn die Menschen wissen, wie sie damit umgehen sollen, und deshalb die Festo Didactic SE gegründet. Sie gestaltet und implementiert als globaler Partner für Bildungseinrichtungen, Regierungen, staatliche Einrichtungen und Unternehmen weltweit Trainingszentren und Labore sowie ganzheitliche Lernlösungen und Trainingsprogramme, die den Menschen systematisch auf das Arbeiten in dynamischen und komplexen Umgebungen vorbereiten.

„Berufliche Weiterbildung ist damit ein Schlüssel für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen“, betont Oliver Jung. Der Betrieb wird dadurch ein Ort des „Lebenslangen Lernens“. Unternehmen sind auf ständiges Lernen ihrer Beschäftigten angewiesen, um ihre Produktivität zu maximieren. Selbstgesteuertes Lernen und Lernen im Anwendungskontext gewinnen ebenfalls an Bedeutung. Sowohl bei bestehenden als auch bei neuen Berufen werden sich mit der Digitalisierung die Kompetenzanforderungen weiter ändern und entsprechend auch die Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung.
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