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E3-Produktion - nachhaltig fertigen

In der »gläsernen Leitzentrale« der E3-Forschungsfabrik fließen die Daten über alle benötigten Ressourcen, wie bspw. Druckluft, Wasser, elektrische Energie sowie Maschinen- und Prozessdaten auf Fabrikebene zusammen.  © Fraunhofer IWUKnappe und teure Rohstoffe, steigende Energiepreise, Klimaschutz und demografischer Wandel – die industrielle Produktion steht vor großen Herausforderungen. Fraunhofer-Forscher legen mit dem Leitprojekt »E3-Produktion« wichtige Grundlagen für eine nachhaltige Fabrikation. Erste Lösungen stellen sie auf der Hannover Messe (7. -11. April) in Halle 17 und in Halle 2 vor.

Die industrielle Fertigung ist ein zentraler Baustein für den Wohlstand in Deutschland. Das produzierende Gewerbe erwirtschaftet nicht nur ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts (BIP), sondern schafft auch jeden dritten Arbeitsplatz.

Doch die steigenden Rohstoff- und Energiepreise sowie der demographische Wandel stellen die Industrie vor große Herausforderungen. Um die Fertigung auch künftig in Deutschland zu halten, ist ein Paradigmenwechsel notwendig: Statt maximaler Gewinn aus minimalem Kapitaleinsatz muss künftig gelten: maximale Wertschöpfung bei minimalem Ressourceneinsatz.

Um diesen Wandel einzuleiten und umzusetzen, hat die Fraunhofer-Gesellschaft das Leitprojekt »E3-Produktion« aufgesetzt. Die drei »E« stehen für die Schwerpunkte, an denen Fraunhofer-Wissenschaftler aus 12 Instituten arbeiten: Die Entwicklung neuer Maschinen, Technologien und Prozesse soll helfen, Energie und Ressourcen einzusparen und eine Emissionsneutrale Fabrik zu ermöglichen. Zudem steht die Einbindung des Menschen in die Fertigung der Zukunft und die Neubewertung seiner Rolle im Fokus.

Doch welche neuen Herstellungsverfahren helfen, Material und Strom einzusparen? Welche Ansätze gibt es, um Emissionen zu vermeiden? Erste Ideen und Lösungen für die nachhaltige Fabrik der Zukunft stellen Fraunhofer-Wissenschaftler in Halle 17, Stand F14, vor.

Energie- und ressourceneffiziente Produktion

Die Karosserie-Fertigung eines Automobils ist ein aufwändiger und sehr energieintensiver Herstellungsprozess. Die einzelnen Blechbauteile werden zunächst auf Pressen gefertigt und anschließend im Karosseriebau gefügt und montiert. Wissenschaftlern des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU in Chemnitz ist es gelungen, diese beiden Prozesse zusammenzuführen und damit Zeit, Ressourcen und Kosten zu sparen. Am Beispiel einer Motorhaube, die sich in der Regel aus einem Außenteil und mehreren Verstärkungsteilen zusammensetzt, zeigen die Forscher, wie beide Prozesse in einem Verfahren kombiniert werden können.

»Die Verfahrensintegration von Fügen und Umformen in einer Pressenlinie verkürzt die Prozesskette. Die Herstellung ist nicht nur deutlich schneller, sie benötigt auch weniger Energie und Material«, berichtet Peter Scholz, Wissenschaftlicher Mitarbeiter des IWU. In den Versuchen konnte die Taktzeit für das Referenzbauteil im Karosseriebau halbiert werden. Der Energieverbrauch ist um 35 Prozent gesunken. Zudem wird etwa acht Prozent weniger Material benötigt.

Ressourcen lassen sich auch sparen, wenn die Werkzeuge länger halten. Insbesondere Umformwerkzeuge zum Tiefziehen großer Bauteile verschleißen an den Kanten schnell. Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT hat gemeinsam mit der Mühlhoff Umformtechnik GmbH und weiteren Partnern ein Laserverfahren weiterentwickelt, mit dem sich an besonders beanspruchten Oberflächen lokale Verschleiß-Schutzschichten auftragen lassen. Die teuren Werkzeuge halten dadurch mehr als 2,5-mal so lange wie bisher – eine immense Zeit- und Kostenersparnis.

Wie sich über den gesamten Produktlebenszyklus energieoptimiert produzieren lässt, zeigen auch die Forscher des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF in Magdeburg. Sie präsentieren unter anderem einen Energie-QuickCheck. Damit können Unternehmen vor Ort erste Einsparpotenziale in ihrem Unternehmen entdecken.

Emissionsneutrale Fabrik

Um Produktionsprozesse möglichst emissionsarm gestalten zu können, muss man zunächst die Schadstoffe aufspüren und ihre zeitliche und räumliche Verbreitung dokumentieren. Dafür haben Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK in Berlin eine mobile Umweltmessbox entwickelt. Damit lassen sich die Konzentration von flüchtigen organischen Verbindungen (VOC), Ozon, Kohlenstoffoxiden, Stickstoffverbindungen, Ammoniak und Methan bestimmen. Ein Partikelmessgerät erfasst darüber hinaus Feinstaubpartikel. Die Umweltmessbox trägt damit auch zum Arbeitsschutz bei und hilft so den Menschen in der Produktion.

Einbinden des Menschen in die Produktion

Aber wie lässt sich die Rolle des Menschen in der immer komplexer werdenden Produktion neu bewerten? Eine Möglichkeit ist der Einsatz von universellen Smart Devices wie dem Coaster vom Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML in Dortmund. Das Gerät eignet sich unter anderem auch als Mensch-Maschine-Schnittstelle für die Industrie 4.0.

Praxistest in der E3-Forschungsfabrik

Dies sind nur einige erste Beispiele, wie sich die Fertigung nachhaltiger gestalten lässt. »Um Lösungsvorschläge zur E3-Produktion schneller in die Praxis zu überführen sowie Schlüsselbranchen für die Themenstellungen zu sensibilisieren, entstehen bis 2016 an vier Standorten in Deutschland Demonstratoren und Pilotanwendungen«, erläutert Professor Matthias Putz vom IWU. In Chemnitz ist einer dieser Demonstratoren bereits in der finalen Anlaufphase: Die »E3-Forschungsfabrik Ressourceneffiziente Produktion«. Dort werden neue Technologien und Verfahren sowie fabrikplanerische Konzepte für die nachhaltige Fertigung entwickelt und gemeinsam mit Industriepartnern erprobt.

Das IWU forscht dabei unter anderem an der Verkürzung von Prozessketten etwa für die Fertigungsstrecke von Getriebewellen. Außerdem untersuchen die Wissenschaftler, wie sich der Karosseriebau flexibler, intelligenter und damit nachhaltiger gestalten lässt. In Kooperation mit der Volkswagen AG wurde dazu beispielsweise die vollständige Referenzprozesskette zum Zusammenbau einer Autotür aufgebaut. Der Einsatz von neuen Technologien zur Energie- und Ressourceneinsparung kann hier seriennah und unter Produktionsbedingungen getestet werden. Ein weiterer Schwerpunkt der E3-Forschungsfabrik ist die energieautarke und emissionsoptimierte Produktion. Mit der Entwicklung von Energiemanagementlösungen sowie der Anbindung moderner Prognose- und Speichersysteme sollen Energieverbrauch und Emissionen der Fabrik deutlich sinken. Zudem untersuchen die IWU-Forscher Strategien zur Einbindung des Menschen in die Fertigung und neue Konzepte für die Mensch-Maschine-Interaktion.

Die »E3-Forschungsfabrik Ressourceneffiziente Produktion« stellen Forscher am Fraunhofer-Stand in Halle 2, Stand D18 vor.

www.fraunhofer.de

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