09082024So
Last updateSa, 07 Sep 2024 10am
>>

Junges Glaserhandwerk – Erfolgreiche Nachwuchssuche

Moderne Verglasungen faszinieren in Architektur und Interieur, sind im Klimawandel Teil der Lösung, schützen Gebäude vor Überhitzung, sparen Heizenergie, smarte Produkte passen sich sogar an die Wetterlage an. So vielseitig wie der Baustoff Glas, ist auch das Glaserhandwerk – und trotzdem fällt es der Branche seit Jahren schwer, Ausbildungsplätze zu besetzen und an Fachkräfte zu gelangen.

Da die Zukunft der Branche ein wichtiges Diskussionsthema der glasstec 2024 (22.-25. Oktober, Düsseldorf) ist, sprach der Autor im Vorfeld der Messe mit zwei jungen Glasermeistern, die dem Branchenproblem zum Trotz erfolgreiche Wege in der Ansprache junger Menschen gefunden haben: Robin Burmeister (Glaserei Manske, Schleswig-Holstein) und Thorsten Fimpeler (Fimpeler GmbH, Nordrhein-Westfalen).

Jugendliche schätzen am frühen Einstieg ins Glaserhandwerk die finanzielle Unabhängigkeit, die kreative Mitarbeit an der Entwicklung neuer Produkte und die hohen Übernahmechancen als gefragte Fachkraft. Trotzdem fällt es der Branche schwer, an Auszubildende und neue Fachkräfte zu kommen – woran liegt das? Auf der Suche nach Antworten führte kein Weg an Robin Burmeister und Thorsten Fimpeler vorbei, beide junge erfolgreiche Glasermeister, die ihren eigenen Weg zu Neueinsteigern, Fachkräften und auch zu ihren Kunden gefunden haben.
Pressekontakt glasstec 2024

Robin Burmeister ist 34 Jahre jung, Glasermeister und Inhaber der Glaserei Manske in Bad Bramstedt, nördlich von Hamburg. Er ist anders, als man es im allgemeinhin eher „konservativ“ agierenden Handwerk erwartet: Man ist direkt beim Du, aber respektvoll und freundlich. Das ist täglich gelebte Unternehmensphilosophie: Unabhängig von Status und Erfahrung begegnet man sich in der Glaserei Manske mit Wertschätzung auf Augenhöhe, denn wo es weniger hierarchiebedingte Ängste gibt, fällt es leichter, um Rat zu fragen und selbst Hilfe anzubieten. Auch für Kunden bedeutet das Du, dass man sich persönlich kennt und kümmert. Robin – der Autor möchte Robin Burmeisters Philosophie folgen und deshalb auch beim Du bleiben – hat keine Schwierigkeiten an interessierte Auszubildende zu gelangen. Er hat Probleme, weil er zu vielen guten Bewerbern absagen muss.

Der Altersdurchschnitt im Unternehmen liegt bei Mitte 20, der älteste Monteur ist 39 Jahre alt. Zu Beginn jedes Monats trifft sich das ganze Team, um sich auszutauschen. Robin erklärt: „Junge Leute wollen sich wohlfühlen und einbringen. In der Wirtschaft bewegen sie sich erstmals vollständig außerhalb ihrer Komfortzone und prallen oft auf starre Hierarchien, auf Träger von Fachkenntnissen die ihr Wissen hüten, auf innerbetrieblichen Wettbewerb und anderen Leistungsdruck. Wir lösen das gleich zu Beginn vollständig auf und geben ihnen Sicherheit in diesen unsicheren Gefilden. Jeder wird von Beginn an vollwertiger Teil des Teams und in die Planung eingebunden.“

Handwerksbetriebe sind für junge Leute unsichtbar

Der schwierigste Teil der Suche ist für Betriebe oftmals, in den Erstkontakt zu gelangen. „Man ist als Betrieb für die jungen Leute nahezu unsichtbar“, so Robin. „Darum versuchen wir, Schüler und Schülerinnen über Praktika oder Ferienjobs ins Haus zu holen, noch lange, bevor sie sich später mit Bewerbungen befassen. So erleben sie, wie viel Spaß die Arbeit macht und wer ins Team gepasst hat, kann von uns später leichter angesprochen werden.“ Den Erstkontakt bilden regionale Ausbildungsmessen, um die Jugendlichen zu einem ersten Ferienjob ins Haus zu holen und dort zu begeistern – selbstverständlich bezahlt mit dem Mindestlohn und nicht nach dem Motto „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“. Robin gibt darüber hinaus Workshops an Schulen, ‚kreative Glasbearbeitung live‘. Er zeigt dem Nachwuchs, wie man im Handwerk kreativ ist, dass man Skizzen und digitale Umsetzungen zu nutzen weiß, um kreative Werke zu schaffen. Auf Basis eines so entstandenen „digitalen Zwillings“ entsteht dann das Handwerksstück.

Aufmerksamkeit verschafft sich Robin außerdem durch „Augmented-Reality“- Anzeigen mit integriertem QR-Code in Schülerzeitungen. Filmen die Schüler die Anzeige verwandelt die Anzeige sich in Bewegtbild und die abgebildeten Mitarbeiter sprechen authentisch über das Handwerk und die Arbeit im Team der Glaserei Manske. Auch Social Media ist für Robin nichts Besonderes mehr, sondern im Grunde ein „Hygienefaktor“: „Die jungen Leute schauen, wer Du bist. Wir zeigen darum Einblicke in unsere Arbeit, in denen man gut erkennen kann, wie wir ticken und was wir handwerklich schaffen.“

Passend zu ihrer nachhaltigen Philosophie hat sich die Glaserei Manske auf die energetische Sanierung und nachhaltige Fensterertüchtigung spezialisiert. Für mehr Kreislaufwirtschaft, den sparsamen Umgang mit Ressourcen und nachhaltiges Bauen. Das Geschäft läuft so gut, dass diese Aufträge anderen vorgezogen werden – für junge Menschen ist auch das ein Wesensmerkmal, mit dem man sich gut identifizieren kann. Heute wird die Glaserei Manske darum oft von Azubis weiterempfohlen, als bemerkenswerter Ort, an dem Arbeit Spaß und Sinn macht, wo man sich wirksam und wertgeschätzt fühlt.

In der Kommunikation über Social Media erkennt auch Thorsten Fimpeler große Chancen, mit Einblicken in sein tägliches Handwerk junge Leute und Kunden neugierig zu machen. Der 34-jährige Glaser- und Malermeister leitet inzwischen die Geschicke der elterlichen Glas- und MalManufaktur Fimpeler im nordrhein-westfälischen Haltern am See. „Wir zeigen regelmäßig kurze Reels aus unserer täglichen Arbeit und holen so die jungen Leute, aber auch viele Kunden, auf Instagram ab. Viele Follower werden zu persönlichen Kontakten und sehen sich gelegentlich auch unsere Stories im WhatsApp-Status an. Das hat dafür gesorgt, dass die Kontaktschwelle viel niedriger liegt und inzwischen viele Anfragen über WhatsApp bei uns eingehen.“

Fazit: Die Sicht junger Menschen auf das Leben hat sich gewandelt. Die ältere ‚Generation X‘ musste in einem unsicheren Arbeitsmarkt und oftmals unter sehr konservativen Bedingungen arbeiten – und akzeptierte diese aufgrund primärer Sicherungsbedürfnisse. Heute konkurrieren Unternehmen in einem ‚Bewerbermarkt‘, in dem junge Menschen einem eher hinterfragenden Modell folgen und sich und ihre persönlichen Skills aktiver einbringen möchten.

Wer sich auf Augenhöhe mit „der Zukunft des Glaserhandwerks“ begibt, kann mit Erfolgen rechnen. In diesem Zusammenhang ist die Weltleitmesse glasstec in Düsseldorf ein Muss für alle Glaser, die sich über die neuesten Trends und Entwicklungen in der Branche informieren und ihr Geschäft auf die Zukunft ausrichten möchten.
www.glasstec.de

 

comments
  • Latest Post

  • Most Read

  • Twitter

Who's Online

Aktuell sind 11201 Gäste und keine Mitglieder online

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.