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Pfiffige Pfälzer: KilianDruck feiert 50jähriges Jubiläum

Von einer One-Man-Show im 75-Quadratmeter großen ehemaligen Café St. Kilian zu einem 110-Mann-Betrieb auf über 2.000 Quadratmetern Produktionsfläche an zwei Standorten: Seit 1964 hat KilianDruck eine rasante Entwicklung hingelegt. Im Oktober feiert das mittelständische Unternehmen 50jähriges Jubiläum.

Das Unternehmertum liegt der Familie Dinges im Blut. Es ist 1964, als der Pfälzer Schriftsetzermeister Erwin Dinges den Sprung in die Selbstständigkeit wagt. Nachdem er sich vom bayerischen Wald bis zur Nordsee vergeblich nach einem passenden Betrieb umgeschaut hat, eröffnet er kurzerhand im Café seiner Eltern eine Buchdruckerei. Das Kaffeehaus heißt St. Kilian liegt an der Ecke von Kreuzerweg und Sankt-Kilian-Straße und so ist der Name KilianDruck schnell gefunden. Bereits damals beschäftigt er sich intensiv mit der Herstellung von Beipackzetteln und Gebrauchsanweisungen, die an Dosen, Flaschen oder anderen Behältern befestigt werden.
Entgegen den Prophezeiungen einiger Bekannter gehen die Geschäfte gut und bereits drei Jahre später zieht Dinges im frisch eröffneten Gewerbegebiet in Grünstadt als allererster Investor ein neues Firmengebäude hoch. Bereits zu dieser Zeit verdient sich sein Sohn Klaus, der später die Meisterprüfung zum Drucker und ein Grafikdesignstudium absolviert, erste Sporen in der väterlichen Druckerei. Es soll allerdings noch 21 Jahre dauern, bis der Junior einen Beileger in einer Selbstklebetasche produziert, der sich in der Abfüllanlage maschinell aufspenden lässt – der Vorläufer des heutigen Booklet-Etiketts.
1989 sind Internet und Computer auf dem Vormarsch und der junge Unternehmer rechnet sich aus, dass der Bedarf für klassische Drucksachen in Zukunft zurückgehen wird. Gleichzeitig beschäftigt er sich mit der engpasskonzentrierten Strategie (EKS), die ihn fortan fesselt. Was in Zukunft immer noch gebraucht wird, so sein Denkansatz, sind Verpackungen. Folgerichtig gründet er 1990 eine Rollenetikettendruckerei und investiert für Halle und Maschinen rund vier Millionen Mark. Knapp ein Jahr später integriert er die väterliche Akzidenzdruckerei in seine Firma und macht sich daran, einen Wachstumsmarkt zu erobern.
1990: Das MultiLabel wird geboren
1990 schafft er das Bravourstück, für die Weltfirma Bayer eine völlig neue Art von Etikett zu entwickeln. „Die Leverkusener brauchten auf einem Etikett mehr Platz für den vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Text. Europaweit sollte überall das gleiche Etikett eingesetzt werden", erzählt der pfiffige Pfälzer. An dem Projekt haben sich schon mehrere Konkurrenten die Zähne ausgebissen. Der technikaffine Jungunternehmer hingegen bleibt am Ball. Er entwickelt genau das richtige Etikett, testet auf verschiedenen Abfüllanlagen in ganz Europa gemeinsam mit der Verpackungsentwicklung von Bayer verschiedene Variationen und schafft es schließlich, ein maschinell aufspendbares, mehrlagiges Nassleimetikett zu produzieren – damals eine absolute Innovation und die Geburtsstunde des mehrlagigen MultiLabels, das seinerzeit noch InfoLabel hieß.
1993 gewinnt er dafür den Deutschen und ein Jahr später den Europäischen Verpackungspreis. „Die damals extra angeschafften Konfektionierungsmaschinen gibt es heute noch, eine benutzen wir für Spezialanwendungen", berichtet Dinges. Es zeigte sich, dass der Markt auf dieses mehrseitige Nassleimetikett gewartet hatte, denn damit können viele Informationen unmittelbar mit dem Produkt verbunden werden – eine Forderung, die der Gesetzgeber bis heute stellt. In den folgenden Jahren etabliert Dinges einen Vertriebsstandort in Spanien, kauft Spezialmaschinen, baut Kapazitäten aus, verdreifacht den Umsatz und stellt zahlreiche neue Mitarbeiter ein.
2001: Die Krise als Chance
Damals konzentriert sich KilianDruck auf Kunden in der Pflanzenschutz- und Agrarindustrie. „Wir hatten uns in den 90er Jahren zum Full-Service-Provider dieser Zielgruppe entwickelt und lieferten nicht nur Etiketten, sondern Werbedrucksachen, Formulare, organisierten Events und Messeauftritte", erinnert sich Dinges. Das sorgt auf der einen Seite zwar für eine hohe Bekanntheit, ließ das Unternehmen auf der anderen Seite von dieser Industriesparte aber auch abhängig werden.
Durch eine Fusionswelle bleibt von 30 Kunden nur noch eine Handvoll übrig. Dann kommt der 11. September 2001 und mit ihm ein rasanter Umsatzeinbruch. Der Grund ist simpel: Es herrscht sechs Monate lang ein allgemeines Flugverbot, das auch für Spritzeinsätze über landwirtschaftlichen Flächen gilt. „Keine Flüge, keine Pflanzenschutzmittel, keine Etiketten, kein Umsatz", bringt Dinges es auf den Punkt. KilianDruck stürzt in die größte Krise seiner Unternehmensgeschichte, der Umsatz bricht um 30 Prozent ein.
Woher sollen jetzt Aufträge kommen? Dinges erinnert sich an die Grundsätze der EKS-Strategie: weg vom Bauchladenangebot hin zu einem klar definierten Angebot, das einen Mangel oder Engpass der Zielgruppe löst. Im Mittelpunkt seines Handelns stehen nun individuelle Etikettierlösungen. Er definiert die Zielgruppe allein über das gemeinsame Problem – zu wenig Raum auf klassischem Etikett – und kommt dabei zu völlig neuen Produkten: Etiketten mit einem Mehrplatzangebot von bis zu 32 ausklappbaren Seiten für mehrere Sprachen, Promotionetiketten zur Absatzsteigerung am POS oder Etiketten, in denen ein Datenträger verborgen ist. Parallel erweitert der dynamische Unternehmer seine Zielgruppen und findet neue Kunden in der Kosmetik-, Reinigungsmittel-, Tiernahrungs-, Lebensmittel-, Automobil- und Mineralölindustrie, Abfüller- und Abpackbetriebe oder Chemieindustrie – darunter viele Global Player.
2004 bis 2009: Ein Hidden Champion entsteht
2003 kauft er völlig antizyklisch für über eine halbe Million Euro zwei neue Maschinen und katapultiert damit sich und sein Unternehmen aus der Krise. „Von 2004 bis 2009 ging die Post ab", schwärmt er. 2006 kauft er ein benachbartes Grundstück, baut darauf 2007 eine neue Halle, kauft eine weitere Halle mit Bürotrakt und erweitert 2008 erneut seinen Maschinenpark. 2009 gewinnt er den Strategiepreis des StrategieForums. Selbst die Bankenkrise 2008 stoppt den Höhenflug kaum. „In diesem Jahr sank der Umsatz um 3,6 Prozent – im Vergleich zu anderen Firmen ein geradezu traumhaftes Ergebnis", betont Silke Krajewski, die seit 2011 gemeinsam mit ihrem Vater die Geschäfte von KilianDruck führt.
2011 übernimmt die Familie den Druckereibetrieb eines langjährigen zuverlässigen Partners, der erkrankt. Die zwölf Mitarbeiter und zwei Auszubildenden der heutigen KD Medienpark Faber GmbH finden bei KilianDruck ein neues Firmen-Zuhause. Der in Kaiserslautern ansässige Traditionsbetrieb fertigt ungewöhnliche Printprodukte aller Arten. Dazu zählen auffällige Prospekte, Präsentationsmappen oder verkaufsstarke Broschüren mit und ohne Produktproben, Veredelungen und besondere Stanzungen sowie interaktive Kataloge. Dinges etabliert die KD Mediengroup, eine Dachmarke, unter der KilianDruck und KD Medienpark nunmehr vereint sind.
Heute: Technik und Mitarbeiter sind das Herz des Unternehmens
Innovative Speziallösungen haben das Unternehmen erfolgreich gemacht. Der Maschinenpark der KD Mediengroup, um den sich ein eigener Maschinenbauingenieur kümmert, ist sehr flexibel angelegt und umfasst teilweise hochmoderne Technik. Es gibt auch einige Spezialmaschinen, die teilweise als Einzelstücke für das Unternehmen gebaut beziehungsweise umgebaut wurden. Mit einem großen Netzwerk an befreundeten Firmen bietet das Pfälzer Unternehmen auch Konfektionierung, Etikettierung, Abfüllung oder Spezialitätendruck aus einer Hand. Pro Jahr investiert der Mittelständler einen sechsstelligen Betrag in die Forschung und Entwicklung.
Im Mittelpunkt steht dabei immer das ganz individuelle Problem des Kunden. „Keines der mehreren tausend Etiketten, die wir für Kunden entwickelt haben, ist gleich. Standardprodukte gibt es nicht", betont Krajewski. Jede Verpackung, jeder Behälter habe eine eigene Form und eigene Anforderungen, jedes Etikett müsse viele verschiedene Zwecke erfüllen und jede maschinelle Verarbeitung sei unterschiedlich. „Wird ein Produkt zum Beispiel heiß oder kalt abgefüllt, muss der Kleber den Temperaturen standhalten. Wird ein Rundgebinde etikettiert, muss das Booklet anders als bei einem Flachgebinde konzipiert werden", nennt sie nur zwei Beispiele aus der Praxis. Allein die hunderte verschiedener Kleber und Materialien seien eine Wissenschaft für sich.
Wissen als Wettbewerbsfaktor
Über die Jahre hat sich das Unternehmen so ein enormes Wissen aufgebaut. Ein KilianDruck- eigenes Innovationsteam, die Ideenteam GmbH, kümmert sich darum, die mehrlagigen Etiketten optimal auf die Gebinde und Anforderungen der Kunden anzupassen. „Oft gehen wir mit an die Abfüll- und Etikettieranlage, um bereits dort im Vorfeld einen reibungslosen Spendevorgang der Booklets zu garantieren", erklärt Krajewski.
So sind zahlreiche Gebrauchsmuster, Marken und Innovationen in engstem Kontakt mit den Kunden entstanden. Beispiele sind das Onpack-Label als Alternative zur Packungsbeilage, das RecyLabel aus sortenreinem Folienverbund zur kostengünstigen Wiederverwertung von Kunststoffverpackungen, das biologisch abbaubare GreenLabel aus Papier, das FunLabel für Promotionaktionen mit Sammelpunkten und Prämiensystemen, das SecurityLabel mit Manipulationsschutz für maximale Fälschungssicherheit oder das partielle Booklet-Etikett, das aus einem Facing und einem ausklappbaren Bookletteil besteht. Oberste Prämisse ist immer: Die Etiketten müssen problemlos maschinell aufspendbar sein.
Ein Spezialmaschinen-Park, innovative Produkte und kompetente Mitarbeiter sind das Herz der KD Mediengroup. Die Fluktuation ist extrem gering, der dienstälteste Mitarbeiter seit 37 Jahren an Bord. „Sie schätzen, dass sie in einem reinen Familienunternehmen arbeiten, in dem Werte wie Verlässlichkeit und Fairness gelebt werden", meint Krajewski. Die 43jährige ist im Unternehmen groß geworden, genauso wie ihr 38jähriger Bruder Björn Dinges, der als Prokurist neue Geschäftsfelder entwickelt. Ihre Mutter Dagmar Dinges führte bis vor kurzem den Bereich Personal und kümmert sich nun um individuelle Projekte. Die Familie achtet darauf, die Mitarbeiter bei der Unternehmensentwicklung ins Boot zu holen. So führten sie 2010 und 2011 zwei Zukunftskonferenzen durch, bei denen Mitarbeiter, Führungskräfte und Geschäftsleitung gemeinsam Visionen entwickelten und Etappenziele definierten. Das Ergebnis: Bereits nach einem Jahr waren teilweise Ziele der Fünf-Jahresplanung schon erreicht.
Die Zukunft: Unverschämte Ziele
12,4 Millionen Euro betrug der Umsatz der gesamten KD Mediengroup im Geschäftsjahr 2012/13. An den Standorten Kaiserslautern und Grünstadt arbeiten 110 Mitarbeiter. In der Produktion wird in der Regel an fünf Tagen in der Woche in drei Schichten gearbeitet. Jedes Jahr bildet der Spezialdrucker mehrere Azubis in den Bereichen Mediengestalter/in Digital und Print, Medientechnologe Druck, Medientechnologe Druckweiterverarbeitung, Industriekaufmann/frau IHK und Industriekaufmann/frau Marketingkommunikation aus. Aber auch ein Duales Studium, die Ausbildung zum Maschinen- und Anlagenführer/in oder zum Packmitteltechnologen/in sind möglich.
Krajewski und Dinges rechnen auch 2014 mit einem zweistelligen Umsatzwachstum. Sie glauben: Der Trend zu mehrseitigen Booklet-Etiketten bleibt ungebrochen, denn sie bieten immer dann eine ideale Lösung, wenn der Platz auf einem Universaletikett nicht ausreicht. Und das ist immer mehr der Fall. Zum Beispiel, wenn der Gesetzgeber mehr Informationen direkt auf dem Produkt verankert sehen will. Oder wenn international agierende Unternehmen auf LabelBooks mehrere Sprachen gleichzeitig unterbringen und dadurch enorme Lager- und Logistikkosten sparen wollen. Oder wenn ein Unternehmen die Geschichte ihres kostspieligen Produktes auf dem Etikett erzählen will, um dadurch die Emotionen ihrer Zielgruppen anzusprechen. Krajewski zitiert hier gern das im Bioladen für 30 Euro verkaufte Olivenöl.
Wo steht die KD Mediengroup in fünf Jahren? „Wir sind noch globaler aufgestellt, haben unsere Produktionskapazitäten erweitert, neue qualifizierte Mitarbeiter ausgebildet oder gewonnen und technologisch die Nase vorn", sagt Dinges. Ein Unternehmer brauche unverschämte Ziele, so sein Credo, sonst fehle der Ansporn, mit Mut nach vorne zu gehen. „Wir agieren in einem Wachstumsmarkt", sind sich Tochter und Vater sicher und sehen sich und ihre rund 110 Mitarbeiter auch die nächsten 50 Jahre gut gerüstet.
www.kiliandruck.de

 

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