Göttinger Wirtschaftswissenschaftler untersuchen Zusammenhang mit ökonomischen Präferenzen und sozialer Verantwortung
Wirtschaftswissenschaftler der Universität Göttingen haben untersucht, inwiefern sich soziale Verantwortung vor der Krise sowie ökonomische Präferenzen auf die Regelkonformität zu den Politikverordnungen in der Covid-19-Pandemie übersetzt. Es zeigt sich, dass risikofreudige Menschen seltener zu Hause bleiben und weniger stark dazu neigen, größere Menschenansammlungen zu meiden. Zudem fällt es geduldigeren Menschen leichter, zu Hause zu bleiben und keine anderen Menschen zu treffen. Wer ohnehin Probleme damit hat, den sofortigen Konsum auf die Zukunft zu verschieben, neigt in der Krise zu Hamsterkäufen. Eine höhere soziale Verantwortung vor der Krise, die sich durch Wahlbeteiligung, Nicht-Schwarzfahren und Zustimmung zur Masern-Impfplicht zeigt, geht nach Aussage der Forscher mit einer höheren Regelkonformität in der Covid-19-Pandemie einher. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Journal of Public Economics erschienen.
Dr. Stephan Müller und Prof. Dr. Holger A. Rau von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Göttingen führten für die Studie ein Internet-Experiment mit 198 Teilnehmerinnen und Teilnehmern durch. Im Kontext von Gesundheit und ökonomischen Entscheidungen spielen sogenannte Risiko- und Zeitpräferenzen eine wichtige Rolle. Beispielsweise führt risikofreudigeres Verhalten langfristig zu höheren Gewinnen, und im Gesundheitsbereich zeigt sich, dass risikofreudigere Menschen weniger bereit sind, medizinischen Behandlungen zuzustimmen, wohingegen geduldige Menschen sich eher an Gesundheitsratschläge halten. „Die erhöhte Bereitschaft, sich Gesundheitsrisiken auszusetzen, finden wir für risikofreudige Menschen auch in unserem Datensatz, da sie weniger stark das Zusammentreffen von größeren Menschenansammlungen meiden“, sagt Rau. „Gleichzeitig verhalten sich geduldige Menschen eher regelkonform, da sie eher dazu bereit sind, den ,Social Distancing‘-Verordnungen Folge zu leisten“, fügt Müller hinzu. Hinsichtlich der Bedeutung sozialer Verantwortung vor der Krise sagt Müller: „Unsere Ergebnisse zeigen, wie wichtig das ‚soziale Kapital‘ einer Gesellschaft für die Überwindung einer Krise wie der Covid19-Pandemie ist.“
Die Ergebnisse liefern wertvolle Erkenntnisse für das kurzfristige Krisenmanagement. Politikerinnen, Politiker und Institutionen wie die WHO könnten damit beispielsweise für Zielgruppen oder -regionen maßgeschneiderte Informationskampagnen erstellen.
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