Verpackungen sind ein anspruchsvolles Druckprodukt und stellen sehr spezifische Anforderungen an die Drucktechnik. Die Umsetzung mit Digitaldrucksystemen verbindet sich dabei mit verschiedenen, mitunter völlig neuen technischen Aufgaben‐ und Problemstellungen, die man im konventionellen Druck nicht kennt.
Das Competence Center Digitaldruck (CCD) des DFTA Flexodruck Fachverband e. V. hat einen Überblick über die aktuellen Herausforderungen im digitalen Verpackungsdruck zusammengestellt und auf der InPrint 2023 in München präsentiert.
Competence Center Digitaldruck Leipzig (CCD)
Das CCD ist eine Kooperation der DFTA mit der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK). Das Forschungs‐ und Entwicklungszentrum arbeitet eng mit der Druck‐ und Verpackungsindustrie zusammen, um innovative Lösungen für den digitalen Verpackungsdruck zu entwickeln.
Die CCD‐Koordinatorin und Verpackungsingenieurin Katharina Roeber stellte gemeinsam mit dem wissenschaftlichen Leiter des CCD Dr. Ingo Reinhold, Professor an der HTWK, aktuelle Herausforderungen im digitalen Verpackungsdruck auf der InPrint 2023 in München unter folgendem Titel vor: „There is no perfect packaging printing – an overview of technical demands and solutions in digital printing".
Ohne Druckbild würden Verpackungen einen Teil ihrer Funktion verlieren
„Auf dem Lebensweg einer Verpackung gibt es viele Situationen, in denen wir gedruckte Informationen benötigen“, erklärt Roeber.
Dabei verlangt die Verpackung sowohl Informationen fürs Auge, insbesondere auf Verkaufsverpackungen, als auch maschinenlesbare Informationen für automatisierte Prozesse und rationale Abläufe entlang ihres Lebenswegs. Abhängig vom Zweck der Verpackung variieren Inhalt und Funktion des Druckbilds sowie die Anforderungen an die Druckqualität. Im Extremfall kommen alle digitaldrucktechnischen Highlights auf einer Verpackung zusammen:
nebeneinanderliegende Volltonflächen
feine Verläufe
kleine Negativschriften
filigrane Grafiken
farbige Barcodes
Haut‐ und Sonderfarben.
Die beiden Digitaldruckverfahren, die den Leistungs‐ und Qualitätsanforderungen des Verpackungsdrucks grundsätzlich gerecht werden, sind Elektrofotografie und Inkjet. Es bestehen allerdings nach wie vor verschiedene Herausforderungen beim Bedrucken von Verpackungen im Digitaldruck.
Aktuelle technische Herausforderungen im digitalen Verpackungsdruck
Primer
Im Digitaldruck ist das Farbsystem einer Maschine weitestgehend festgelegt und nicht ohne Weiteres austauschbar: das „Closed ink system“. Alle Materialien, die auf der Maschine laufen sollen, müssen mit der gleichen Farbe beschichtet werden. Um dennoch unterschiedliche Oberflächeneigenschaften bedrucken zu können und die Passfähigkeit mit der Farbe herzustellen, ist eine Vorbehandlung mit Primern notwendig. Hier zeigen sich zahlreiche Herausforderungen:
homogenener Auftrag über die Bahnbreite = Voraussetzung für einen qualitätsgerechten Druck
Auftragsart (Rasterwalze vs. Jetten)
erforderliche Schichtdicke Trocknung(senergie)
Haftung auf dem Substrat.
Deinking
Für kaum ein anderes Druckprodukt ist das Thema Deinking so wesentlich wie für Verpackungen, die bestmöglich recyclebar sein sollen. Für liquidtoner‐ und tintenbasierte Drucke sind herkömmliche Deinking‐Verfahren nicht geeignet, weil die Farbschicht plastifiziert ist bzw. die Farbpartikel zu klein und hydrophil sind. Es sind besondere Prozessbedingungen erforderlich, um die Farbe vom Substrat zu entfernen.
Drucken von Weiß im Inkjet
Der Druck satter Farben auf transparenten oder farbigen Packstoffen erfordert das Unterdrucken von Weiß. Aufgrund der geringen Pigmentgröße in den Tinten stellt der Auftrag einer ausreichend hohen Schichtdicke Schwierigkeiten dar, der man mit mehrfachem Drucken (multi‐pass oder multi‐printbars) zu begegnen versucht. Zudem führt die Volllast, in der die Druckköpfe für Weißflächen jetten müssen, zu Crosstalk‐Effekten, die das Fluten der Düsenplatte und die Zuverlässigkeit des Druckkopfs negativ beeinträchtigen können.
Wasserbasierte Farben im Inkjet
Wässrige Inkjettinten enthalten einen sehr hohen Wasseranteil und damit vielfältige Herausforderungen: Leit‐ und pH‐Wert des Wassers können die Druckkopfkompatibilität stören. Wasser erfordert im Vergleich zu organischen Lösungsmitteln eine bis zu sechsfach höhere Trocknungsenergie. Feuchthaltemittel in den Tinten erhöhen den Trocknungsbedarf zusätzlich. Auf saugfähigen Materialien muss der vorab aufzubringende Primer für eine schnelle Trennung von Pigment und Wasser sorgen, damit die (ohnehin schon wenigen) Pigmente auf der Oberfläche verbleiben, während das Wasser wegschlägt. Für nicht saugfähige Substrate sind passende Primer und oftmals Zwischentrocknung notwendig.
UV‐Farben im Inkjet
UV‐Farben können sehr breit angewendet und schnell weiterverarbeitet werden. Allerdings enthalten sie Photoinitiatoren, die giftig sind. Findet aufgrund unzureichender Härtung keine vollständige Vernetzung dieser Bestandteile statt, besteht das Risiko, dass sie durch den Packstoff zum Packgut migrieren. Dieses Risiko gehen Hersteller von Lebensmittelverpackungen nicht ein. Hier wird sich zeigen, ob die Ansätze „Low Migration Inks“ und „Electronic Beam Inks“ diese Haltung zukünftig ändern können.
Skalierbarkeit bei der Elektrofotografie
Die Bahnbreite elektrofotografischer Drucksysteme ist eingeschränkt, aktuell etwa 800 mm. Grenzen setzen die ungenügende Homogenität bei der Aufladung ab einer bestimmten Breite und mangelnde Transfereffizienz.
Fazit
Der digitale Verpackungsdruck mit toner‐ und tintenbasierten Systemen hält noch manche Aufgaben‐ und Problemstellung bereit, für die es passende Lösungen zu entwickeln gilt. Dabei geht es nicht um Perfektion – die ist für Verpackungen aufgrund rechtlicher, ökologischer und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen kaum möglich.
„Die beste Lösung im Verpackungsdruck ist immer der optimale Kompromiss aus allen sich mitunter widersprechenden Anforderungen.“, meint Roeber. „Und daran arbeiten wir im CCD mit.“
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