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Etikettendruck – der Markt entwickelt sich stetig weiter

Chiara Bezzi, Chefredakteurin von Rassegna Grafica
Der Etikettenmarkt war schon immer dynamisch. Seine Entwicklung eröffnet der Markenartikelindustrie immer wieder neue Möglichkeiten, sich mit Etiketten vom Wettbewerb zu unterscheiden und gezielt aktuelle Botschaften zu vermitteln.

Aktuell geht der Trend in der Etikettenindustrie über stetige Innovationen hinaus hin zu Lösungen, die auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sind. In den letzten Jahren haben die Etikettenhersteller die Notwendigkeit erkannt, verschiedene Schritte ihrer Produktionsprozesse zu automatisieren.

Gedruckte Etiketten sind die Visitenkarten von Produkten – der erste Schritt in der Kommunikation zwischen Markenartikelherstellern sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern. In Verkaufsregalen bestimmen Etiketten mit darüber, wie Produkte wahrgenommen werden. Springen ihre grafische Gestaltung, ihre Farben oder ihre Veredelung den Verbraucherinnen und Verbrauchern ins Auge, hat das sicherlich Einfluss auf ihre Kaufentscheidungen.

Wie aber beeinflussen Papiersorten und Veredelungen die Wahrnehmung von Produkten? Welche Elemente von Etiketten können das Wesen von Produkten visuell ausdrücken und auf den Punkt bringen? Bekanntlich geben bei der Auswahl von Produkten – bei gleichen Preisen und gleichen Markennamen – jene Etiketten den Ausschlag, die uns am besten gefallen und positive Erwartungen an Produkte wecken. Um herauszufinden, welche Rolle dieses Kommunikations-Instrument beim Einkauf von Wein spielt, hat UPM Raflatac, ein im Bereich nachhaltiger Etikettierungen führendes Unternehmen, das Forschungs- und Beratungsunternehmen SenseCatch mit einer Neuro-Marketing-Studie beauftragt. Mit ins Boot genommen wurden Argea (der größte Weinhersteller Italiens), KURZ (ein weltweit führender Hersteller von Heißpräge- und Kaltfolientechnologie) und Krämer Druck, einer der führenden deutschen Druckdienstleister bei Weinetiketten.

Die Studie wurde in Deutschland durchgeführt, einem attraktiven Markt für Weinexporteure. Dabei wurden einer Gruppe deutscher Konsumentinnen und Konsumenten in einem Verkaufsregal 32 Etiketten mit gleichem Design, aber unterschiedlichen Papiersorten und Veredelungen präsentiert. Der gesamte Prozess des Weinkaufs wurde simuliert - von der Begutachtung der Flaschen im Regal über die Auswahl bis hin zur Verkostung. Nach der Auswahl konnten die Teilnehmenden die Flaschen einzeln betrachten, anfassen und bewerten. Während des gesamten Entscheidungsprozesses - von der Auswahl der Flaschen im Regal bis zur Verkostung - wurde das Verhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher mit der Methodik des Neuromarketings analysiert.

Für den ersten Moment der „Stunde der Wahrheit“ - die Auswahl der Weine im Verkaufsregal - ergab die Studie folgendes Ergebnis: In den ersten fünf Sekunden der Begutachtung zogen diejenigen Etiketten die größte Aufmerksamkeit auf sich, deren visuelle Gestaltung, Farben und Bedruckstoffe den größten Kontrast zu den anderen Flaschen bildeten. Dies war beispielsweise bei Etiketten der Fall, die aus dunklem Papier hergestellt und mit glänzenden metallischen Veredelungen versehen waren. Umgekehrt fielen Etiketten aus hellen Papieren mit gold- oder bronzefarbenen Veredelungen besonders auf. Darüber hinaus zogen Flaschen mit Etiketten aus rauen und strukturierten Papieren die Aufmerksamkeit der Verbraucherinnen und Verbraucher auf sich. Sie wurden mit optisch auffälligen Strukturen und Glanzeffekten geprägt.

Im zweiten Moment der „Stunde der Wahrheit“, in dem sich die Verbraucherinnen und Verbraucher physisch mit den Weinflaschen auseinandersetzen, kamen sie zu folgenden Ergebnissen: Etiketten aus Papieren mit strukturierter Oberfläche und gleichfarbigen Veredelungen, die den hochwertigen Eindruck noch verstärken, wurden als besonders interessant und geheimnisvoll wahrgenommen. Die Studie ergab, dass sie die „taktile Vorstellungskraft“ anregen und das Erlebnis der physischen Interaktion vorwegnehmen.

Die dickeren, geprägten Papiere und die Prägungen verbesserten die Sichtbarkeit der Schriften und werteten das Design der Etiketten auf. Sie veränderten damit die Wahrnehmung im Vergleich zu den leeren und unattraktiven Etiketten (Veredelung in Papierfarbe und ohne Prägung). Aufwendig und interessant gestaltete Etiketten erhöhten die Erwartungen an die Produkte. Die Konsumentinnen und Konsumenten stellten sich hier höherwertige Weine, also Premiumprodukte vor.

Schließlich zeigten die Ergebnisse, dass die Kombinationen aus Papieren und Veredelungen die Erwartungshaltung beeinflussen und sich positiv auf die wahrgenommenen Vorlieben und Geschmäcker der Weine auswirkten. Ein- und dieselben Weine wurden höher bewertet, wenn sie aus Flaschen mit Etiketten serviert wurden, die als besonders attraktiv wahrgenommen worden waren – und nicht aus Flaschen mit den Etiketten, die als am wenigsten attraktiv angesehen wurden.

Der gleiche Effekt zeigte sich auch im Unterbewusstsein: Tatsächlich waren die anhand psychophysiologischer Parameter gemessenen Emotionen stärker (+ 13 %), wenn die Weine aus Flaschen mit den bevorzugten Etiketten ausgeschenkt wurden. Die Etiketten beeinflussten nicht nur die Beliebtheit der Weine. Vielmehr beeinflussten sie auch den wahrgenommenen Geschmack.

Markttrends im Etikettendruck
Laut Marktforschungsinstitut Mordor Intelligence wird der Druckmarkt bei Etiketten im Zeitraum von 2023 bis 2027 voraussichtlich um jährlich 4,2 % wachsen. Getrieben wird das Wachstum in diesem Zeitraum von verschiedenen Faktoren. Beispielsweise suchen die Kunden der Etikettendruckereien nach Möglichkeiten, die Attraktivität ihrer Markenauftritte zu erhöhen. Zum anderen wächst die Nachfrage nach Industrieprodukten. Auch das Wachstum der E-Commerce-Branche ist ein wichtiger Faktor, der den Bedarf an gedruckten Etiketten im Prognosezeitraum steigen lassen wird.

Die Herausforderungen für die Branche liegen auf der Hand: Die durchschnittlichen Auftragsgrößen schrumpfen, die Lebensdauerzyklen von Massenprodukten werden kürzer und gleichzeitig wird auch bei Etiketten die Zahl der Vorschriften zunehmen. In den vergangenen Jahren hat der Digitaldruck in dieser Branche Einzug gehalten. Diese Technologie hat der Etikettengestaltung neue Möglichkeiten eröffnet, einer zunehmenden Nachfrage des Marktes gerecht zu werden.

Aktuell entwickeln die Anbieter dieser Drucktechnik Hybrid-Lösungen, und auf der drupa 2024 werden Neuentwicklungen bei Hybrid-Druckmaschinen gezeigt. In den vergangenen Jahren haben die Etikettenhersteller die Notwendigkeit erkannt, verschiedene Schritte ihrer Produktionsprozesse zu automatisieren. Da der Industrie weniger Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, werden menschliche Eingriffe in der Produktionskette zum Flaschenhals. Mit Automatisierung und Vernetzung bemühten sich Industrieunternehmen bislang um Kosteneinsparungen. Jetzt werden sie zur Überlebensfrage. Bei den Arbeitsprozessen geht der Trend hin zu Cloud-basierten Komplettsystemen. Automatisierung und Digitalisierung sind in Druckprozessen heute zum Muss geworden. Automatisierung heißt Integration der Drucksysteme in die Produktionsprozesse, die wiederum die Fernwartung, das Überwachen der Maschinen in Echtzeit und die Rückmeldung von Produktionsdaten erlaubt. Zu den Vorteilen der Automatisierung zählen die Verringerung des Abfalls, schnelles Einrichten von Druckmaschinen, automatisiertes Farbmanagement und weniger manuelle Eingriffe. Weitere Schritte in der Weiterentwicklung der Technologie werden sich möglicherweise aus dem Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) und des maschinellen Lernens ergeben. Zum Beispiel können KI-Werkzeuge eigenständig Designs entwickeln. Gleichzeitig können sie helfen, fehlerhafte Produkte zu erkennen, so dass sich diese leicht aus den Produktionsprozessen herausnehmen lassen.

Faktor Nachhaltigkeit
Die größte Herausforderung für die Markenartikelindustrie besteht jedoch darin, den sich ändernden Rahmenbedingungen für die Nachhaltigkeit von Verpackungen gerecht zu werden. Insbesondere muss sie die Komplexität neuer Richtlinien berücksichtigen, wenn sie in verschiedenen Ländern und Regionen tätig ist. Denken wir hier nur an die jüngsten Aktualisierungen bei der Verpackungs- und Verpackungsabfallverordnung (Packaging & Packaging Waste Regulation) in Europa. Sie haben neue Herausforderungen mit sich gebracht, die in den kommenden Jahren unbedingt angegangen werden müssen. Die Anforderung, die Recycling-Fähigkeit bereits im Design zu berücksichtigen, wird die Aufmerksamkeit darauf lenken, dass die eingesetzten Materialien, Farben, Klebstoffe und Größen von Etiketten und Verpackungen dieser Vorgabe entsprechen.

Um den Kundenanforderungen gerecht zu werden, arbeiten die Hersteller von Selbstklebeetiketten an der Entwicklung neuer, umweltfreundlicherer und gleichzeitig wirtschaftlicherer und effizienterer Lösungen. Um diese Ziele zu erreichen, muss vor allem der Materialeinsatz reduziert werden. Trennpapiere (Release Liner), die als Trägermaterial für Etiketten eingesetzt werden, spielen bei der Herstellung, Weiterverarbeitung und Applikation von Selbstklebeprodukten eine entscheidende Rolle. Aber auch nachdem sie ihre Aufgabe im Prozess erfüllt haben, spielen die gebrauchten Liner noch eine Rolle - als wertvoller Rohstoff für neue Prozesse und Produkte. Derzeit gibt es zahlreiche Projekte, bei denen ein Teil der verbrauchten Trennfolien für die Wiederverwendung oder das Recycling gesammelt wird. Das Recycling von Trennfolien ist umweltfreundlich: Es trägt zur Verbesserung der Ökobilanzen der Etikettenhersteller bei.

Beim letzten FINAT European Label Forum wurde deutlich, dass die Etikettenabfälle für die Branche bereits seit Jahrzehnten eine Herausforderung darstellen. Jahr für Jahr werden Millionen Tonnen Etikettenabfall in Mülldeponien oder Verbrennungsanlagen entsorgt. Recycling-Programme wie CELAB können den Etikettenabfall verringern. Aber die für unsere Branche und unseren Planeten beste Lösung besteht darin, die Liner vollständig aus dem Prozess zu eliminieren. Insbesondere in der Lebensmittelindustrie stehen die Designer von Etiketten und die Druckdienstleister vor einer weiteren Herausforderung – auf Etiketten steht nur begrenzt Platz zur Verfügung. Schließlich beansprucht auch die Angabe internationaler Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften Raum auf Etiketten. Das wird zum verstärkten Einsatz mehrschichtiger Beipackzettel-Etiketten und Klarsichtfolien-Etiketten auf transparenten Trägermaterialien führen. Diese Produkte werden weniger nach Etiketten aussehen und den Druck auf ihre Rückseiten ermöglichen. Der Etikettendruck spiegelt die wichtige Rolle digitaler Technologien im Alltag wider.
www.drupa.de

 

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